Naturrasen oder Kunstrasen? Beides!
Kosten-Nutzen-Abwägungen – Grundlage für ein faires Spiel
In Deutschland sind rund 25,5 Millionen Menschen in Sportvereinen organisiert*. Hinzu kommen Schul-, Uni- und individuell-organisierter Freizeitsport. Für all dies benötigen Kommunen, Städte und private Einrichtungen geeignete Sportanlagen.
Sportstätten zu planen, zu bauen und zu erhalten stellt Entscheider häufig vor eine komplexe Faktenlage, insbesondere die Frage nach dem geeigneten Sportbelag. Natur- oder Kunstrasen? Um diese fachgerecht zu beantworten, bedarf es einer umfassenden Analyse der Situation vor Ort und beinhaltet sporttechnische, wirtschaftliche und ökologische Erwägungen.
Naturrasen – natürliche Vorteile
Aufgrund der optimalen Spieleigenschaften dieses natürlichen Belags finden Ligaspiele ausschließlich auf Naturrasen statt. Auf den ersten Blick sprechen auch die einmaligen Investitionskosten für eine Naturrasenfläche, die etwa 30 – 40 Prozent unter den Baukosten für Kunstrasenfelder liegen. Für einen zuverlässigen Kostenvergleich müssen jedoch der Aufwand für Pflege sowie die Gesamtlebensdauer in die Betrachtung mit einbezogen werden: Allein die Kosten für die Bewässerung des natürlichen Grüns liegen fünf bis sechs Mal höher als bei Kunstrasen. Für den Erhalt des Naturrasens ist Wasser lebensnotwendig, beim Kunstrasen dient es lediglich der Kühlung.
Hinzu kommen Mähen, Vertikutieren, Düngen und die Nachsaat. Zwar muss auch Kunstrasen ordnungsgemäß gepflegt und unterhalten werden, über das Jahr betrachtet liegt der Pflegeaufwand für die natürliche Variante deutlich über der künstlichen. Der konkrete Aufwand und Wasserverbrauch sind von den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten, insbesondere den Bodenverhältnissen, sowie der Witterung und der für diese Arbeiten investierten Zeit abhängig. Als grober Richtwert gilt: Das Instandhalten eines natürlichen Rasenspielfelds bedarf im Schnitt etwa des doppelten Aufwands.
Kunstrasen – mehr als doppelt so belastbar
Nackte Zahlen allein können für die Wahl des richtigen Sportflächen-Belags jedoch nicht ausschlaggebend sein. Eine sachlich fundierte Entscheidung bezieht neben diesen wirtschaftlichen Überlegungen die Gesamtsituation vor Ort mit ein: vor allem die Frage nach Trainings- und Spielstunden und dementsprechend die Belastung der Flächen.
Bei Naturrasen muss die wöchentliche Belastung der Rasenfläche auf ca. 15 Stunden beschränkt werden – alles darüber hinaus zerstört den Platz. Zudem kann dieser nur bei ausreichend abgetrockneter Oberfläche bespielt werden und ist bei Regen, Frost und Schnee zu schonen.
Kunstrasen ist demgegenüber nahezu witterungsunabhängig und seine Nutzungsfähigkeit zweieinhalbfach höher als die von Naturrasen. Das künstliche Grün ist robuster als Naturrasen und bietet deutlich mehr Spielern für deutlich mehr Stunden Sportaktivitäten. Rund ums Jahr einsatzfähig bietet er Sportvereine mit nur einer Rasenfläche ausreichend Trainingskapazität und Spielmöglichkeiten. Gerade bei kleineren Kommunen und Vereinen mit begrenzten Pflege- und Instandhaltungsbudgets und Know-how, sind (ergänzende) Kunstrasenspielfelder notwendig, um den Spiel- und Trainingsbetrieb aufrechtzuerhalten.
Faires Abwägen – der Umwelt zuliebe
Die ökologischen Vorteile von Naturrasen sind offensichtlich: er ist natürlich CO2 neutral. Rasengräser sind biologisch aktiv, absorbieren Schadstoffe, binden Staub, verhindern Bodenerosion und tragen grundsätzlich zur Verbesserung der Bodenqualität bei. Eine „Bienenweide“ sind Naturrasen-Sportfläche jedoch keinesfalls. Um eine dichte Grasnarbe zu erhalten, muss Naturrasen regelmäßig nach einem fachkundigen Plan gedüngt werden. Je nach Region in Deutschland sollte sechs bis sieben Mal pro Jahr Dünger auf das Spielfeld aufgebracht werden: etwa 300kg bei einer Spielfeldgröße von ca. 7.000 Quadratmetern. Bei geringer Belastung und guter Pflege ist Naturrasen lange haltbar, um den ökologischen Preis eines sehr hohen Wasserverbrauchs.
Kunstrasen punktet unter Umweltaspekten mit deutlich geringerem Flächen- und Ressourcenverbrauch aufgrund der höheren Nutzungs- und Auslastungsmöglichkeiten. Einer der wesentlichen Kostenfaktoren beim Unterhalt bestehender Kunstrasenplätze ist häufig das Auffüllen des Einstreugranulats. Der Grund dafür liegt ebenso häufig in mangelhafter oder falscher Pflege. Je nach Sportanlage kann so die Menge des zu ersetzenden Materials von 100kg bis zu 1,5to pro Jahr variieren. Ist die Ursachen für den „Materialschwund“ das Schneeräumen, kann das im Schnee an die Seite geschaffte Material ebenso wiederverwendet werden, wie das Granulat aus der standardmäßig um einen Platz herum befindlichen Auffangrinne.
Bedenken in Bezug auf die Umweltverträglichkeit des verwendeten Einstreumaterials treten mehr und mehr in den Hintergrund. Inzwischen werden die meisten Kunststoffrasen-Felder ohne Füllmaterial gebaut. Zum Wohl der Umwelt nimmt man Einbußen bei der Spielqualität in Kauf. Zudem entwickeln weltweit innovative Unternehmen alternative Materialien die allesamt strengen Kontrollen hinsichtlich Umwelt- und Gesundheitsunbedenklichkeit unterliegen. Vollständig biologisch abbaubar bestehen diese im Wesentlichen aus natürlichen und / oder nachwachsenden Rohstoffen, zum Beispiel Kork.
Grundlagen für eine Grundsatzentscheidung
Um die Frage nach dem richtigen Sportflächenbelag zu beantworten, sind sorgfältige Analysen essentiell: Eine Kosten-Nutzen-Einschätzung im Wege einer ganzheitlichen Beratung gewährleistet Entscheidern eine belastbare Grundlage für die Entscheidung, welche Art von Sportflächenaufbau den Anforderungen und der Gesamtsituation gerecht wird. Berücksichtigt die anschließende Planung neben den rein ökonomischen Überlegungen sämtliche lokale, praktische Gegebenheiten und die gesellschaftlichen Anforderungen, wie langfristige Nachhaltigkeit, ist das die Grundlage möglichst langer und intensiven sportlichen Aktivität.
* Deutscher Olympischer Sportbund e.V., Statistik der Gesamtmitgliederzahl des Deutschen Olympischen Sportbundes, der Landessportbünde, der Spitzenverbände und weiterer Mitgliedsorganisationen, 2019